Wappen der 'verbürgerlichten' Wizlawiden
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7. Kapitel

6. Generation: die Kinder Wizlaws III.

eventuelles Kopfbildnis Euphemias an einem Konsolstein der Christuskirche zu Velgast

Jaromar
Lebenszeit: nach 1312 - 24. Mai 1325;
einzige urkundliche Erwähnung: 15. März 1325;
Verlobung: am 15. März 1325 mit Beatrix von Mecklenburg;
Beisetzungsort: vermutlich Kloster Neuenkamp

eventuelles Kopfbildnis Jaromars an einem Konsolstein der Christuskirche zu Velgast

Für die freundliche Genehmigung zur Veröffentlichung dieser Abbildungen möchte ich mich bei Frau Pastorin Tuve bedanken.
www.kirche-mv.de > Suche nach “Velgast”

Euphemia
Lebenszeit: vor 1313 - nach 1313;
einzige urkundliche Erwähnung:1313;
Verlobung: April/Mai 1313 mit König Magnus von Schweden (die Hochzeit konnte nicht stattfinden, da ihr Verlobter gefangen genommen und hingerichtet wurde);
Beisetzungsort: unbekannt

Agnes
Lebenszeit: um 1312 - um 1336/37;
einzige urkundliche Erwähnung: am 9. August und am 2. September 1324;
Heirat: 2. September 1324 mit Graf Albrecht II. von Anhalt-Köthen;
Beisetzungsort: Kloster Coswig (Anhalt)

Neben Tierfiguren und mehreren relativ naiv gestalteten Menschenköpfen befindeen sich auch zwei sehr schön modellierte Köpfe einer jungen Frau und eines jungen Mannes als Konsolsteine in der Christuskirche zu Velgast. Sie werden auf den Anfang des 15. Jahrhunderts datiert. Das lange glatte Haar des männlichen Dargestellten ziert ein Kronenreif. Der Kopf könnte auf einer Art Kissen ruhen. Derart ausgezeichnet unterscheidet er sich von den Figuren der anderen Konsolsteine. Velgast, einst das slawische Velegašt, liegt nicht all zu weit vom ehemaligen Zisterzienserkloster Neuenkamp (heute Franzburg) entfernt. Offensichtlich haben dessen Mönche auch den Bau dieser Kirche um die Wende zum 14. Jahrhundert ausgeführt. In der Abtei Neuenkamp sind der Stifter Wizlaw I., die Brüder Wizlaw III. und Sambor sowie mit aller Wahrscheinlichkeit auch der Prinz Jaromar bestattet worden. Ist es daher nicht denkbar, dass der Kopf aus der Velgaster Kirche ein Abbild des auf der Grabplatte des Prinzen dargestellten Hauptes sein könnte? Ein Vergleich ist leider nicht mehr möglich, da das Kloster Neuenkamp nach der Reformation zerstört wurde und mit ihm auch die Grablege der Rügenfürsten.

Wenn diese Annahme zutreffen würde, dann wäre es ein Beleg dafür, dass noch hundert Jahre nach dem Tod des Prinzen Jaromar und dem Aussterben des ranischen Fürstenhauses, nach einem Jahrhundert der Zugehörigkeit der rujanischen Länder zum Herzogtum Pommern-Wolgast, die Erinnerung an das Fürstentum Rügen und die Trauer über dessen Untergang bei den Menschen noch so stark war, dass sie den unglücklichen Jaromar so liebevoll verewigt haben. Gründe für diese Trauer gab es sicher genug. Denn es war wohl kein Zufall, dass bald nach dem Anschluss Rügens an Pommern ein Prozess der Entrechtung der Bauernschaft einsetzte, der in der entwürdigenden Leibeigenschaft des 17. und 18. Jahrhunderts gipfelte. Und es ist sicher auch kein Zufall gewesen, dass dieser Prozess gerade von den Adelsgeschlechtern betrieben wurde, die sich seiner Zeit mit Stralsund gegen Wizlaw III. verbündet hatten. Nach dem Wegfall der von den Ranenfürsten ausgeübten Zwänge und noch gefördert durch die weite Entfernung der neuen Landesherren zum Rügenland konnten sie nun alle Hemmungen fallen lassen...

Auch das Frauenantlitz des anderen Konsolsteins ist sehr fein gearbeitet und zeigt zarte Gesichtszüge. Die Dargestellte trägt offensichtlich ein Schleiertuch über dem Haar. Vielleicht ist es Spekulation, aber könnte nicht auch die Prinzessin Euphemia abgebildet worden sein, falls sie ebenfalls mit jungen Jahren verstorben und in Neuenkamp begraben sein sollte. Von ihr gibt es ja auch nur eine einzige urkundliche Erwähnung.

Übrigens gibt es im Pariser Mittelaltermuseum im einstigen Stadthof des Abtes des Klosters Cluny eine Wandtafel oder einen Truhendeckel aus der gleichen Zeit (1. Hälfte 15. Jahrhundert), auf der die Wappen der wichtigsten Territorien des römisch-deutschen Kaiserreichs abgebildet sind. In der mit den Kurfürsten beginnenden Reihe ist auch ein schwarzer Greif auf goldenem Grund zu sehen, mit der Beschriftung “rugien” oder “ruyien”.

Die Quellen, auf die ich mich bei meiner Arbeit vorrangig gestützt habe (chronologisch geordnet):
1. Hagen, Fr. H. v. d. “Minnesinger, Deutsche Liederdichter des 12., 13. und 14. Jahrhunderts I - IV”, Leipzig 1838
2. Fabricius, C. G. ”Urkunden zur Geschichte des Fürstentums Rügen unter den eingeborenen Fürsten”, Stettin 1851
3. Dannenberg, H. ”Pommerns Münzen im Mittelalter”, Berlin 1864
4. Pyl, Th. “Lieder und Sprüche des Fürsten Wizlaw von Rügen”, Greifswald 1872
5. Dannenberg, H. ”Münzgeschichte Pommerns im Mittelalter”, Berlin 1893
6. Pyl, Th. ”Die Entwicklung des pommerschen Wappens, im Zusammenhang mit den pommerschen Landesteilungen”, in Pommersche Geschichtsdenkmäler VII, Greifswald 1894
7. Behm, O. “Beiträge zum Urkundenwesen der einheimischen Fürsten von Rügen”, Greifswald 1913
8. Gülzow, E. ”Des Fürsten Wizlaw von Rügen Minnelieder und Sprüche”, Greifswald 1922
9. Haas, A. ”Arkona im Jahre 1168”, Stettin 1925
10. Hamann, C. ”Die Beziehungen Rügens zu Dänemark von 1168 bis zum Aussterben der einheimischen rügischen Dynastie 1325”, Greifswald 1933
11. Scheil, U. “Genealogie der Fürsten von Rügen (1164 - 1325)”, Greifswald 1945
12. Rudolph, W. ”Die Insel Rügen”, Rostock 1954
13. Ohle, W., Baier, G. ”Die Kunstdenkmale des Kreises Rügen”, Leipzig 1963
14. Steffen, W. ”Kulturgeschichte von Rügen bis 1817”, Köln, Graz 1963
15. Werg, S. ”Die Sprüche und Lieder Wizlavs von Rügen, Untersuchungen und kritische Ausgabe der Gedichte”, Hamburg 1969
16. Vá
ňa, Z. ”Die Welt der alten Slawen”, Praha 1983
17. Gloede, G. ”Kirchen im Küstenwind - Band III”, Berlin 1984
18. Herrmann, J. (Hg.) ”Die Slawen in Deutschland - Ein Handbuch”, Berlin 1985
19. Spiewok, W. ”Wizlaw III. von Rügen, ein Dichter”, in: Almanach für Kunst und Kultur im Ostseebezirk, Nr. 8 (1985)
20. Spitschuh, B. ”Wizlaw von Rügen: eine Monografie”, Greifswald 1989
21. Lange, A. “Tausendjähriges Ralswiek”, Bergen 1990
22. Hages-Weißflog, E. “snel hel ghel scrygh ich dinen namen - Zu Wizlaws Umgang mit Minnesangtraditionen des 13. Jahrhunderts”, in: ”Lied im deutschen Mittelalter. Überlieferung, Typen, Gebrauch”, Tübingen 1996
23. Bleck, R. ”Untersuchungen zur sogenannten Spruchdichtung und zur Sprache des Fürsten Wizlaw III. von Rügen” GAG Folge 681, Göppingen 2000
24. Schmidt, I. ”Götter, Mythen und Bräuche von der Insel Rügen”, Rostock 2002
25. Jahn, L. ”Wizlaw III. von Rügen - Fürst und Minnesänger” und ”Wizlaws Liederbuch”, Hofgeismar 2003
26. Sobietzky, G. “Das Fürstentum Rügen und sein Geldwesen”, Stralsund 2005
27. Kratzke, Ch., Reimann, H., Ruchhöft, F. “Garz und Rugendahl auf Rügen im Mittelalter”, in: Baltische Studien, Neue Folge Band 90 (2004), Kiel 2005
28. Ruchhöft, F. “Die Burg am Kap Arkona” (Reihe: Archäologie in Mecklenburg-Vorpommern, Band 7), Schwerin 2010
29. Reimann, H., Ruchhöft, F., Willich, C. “Rügen im Mittelalter” (Reihe: Forschungen zur Geschichte und Kultur des östlichen Mitteleuropa, Band 36), Stuttgart 2011
30. Ev. Kirchengemeinde St. Marien Bergen auf Rügen (Hg.) “Das bestickte Leinentuch aus dem Zisterzienserinnenkloster Bergen auf Rügen”, Bergen auf Rügen 2013
31. Möller, G. “Eine interessante ‘Schatzkiste’ aus dem Jahr 1318 in Stralsund - Ein Beitrag zur spätmittelalterlichen Sachkultur des norddeutschen Adels”, in: Baltische Studien, Neue Folge Band 102 (2016), Kiel 2017
32. Brunner, H., Klein, D. ”Wizlav - Sangsprüche und Minnelieder” IMAGINES MEDII AEVI Interdisziplinäre Beiträge zur Mittelalterforschung Band 52, Wiesbaden 2021

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