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Die Generationen vor der Christianisierung
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In der vorchristlichen Zeit trugen die ranischen Stammesfürsten den Titel eines Königs. Namen dieser Könige sind uns leider nicht urkundlich überliefert, es gibt nur wage Andeutungen. So führen sich die slawischen Fürsten Rügens laut Legende auf einen Stammvater Wizlaw zurück, der um 955 gelebt haben soll. Wenn dies zuträfe, würden also der erste und der letzte Herrscher Rügens diesen Namen getragen haben. Schon eher bezeugt durch zeitgenössische Quellen, die sich in späteren Werken wieder finden, sind ein Grines/Grimmus (11. Jh.), ein Kruto/Krito (1066) und ein Raze/Ratislaw (1138). Sie alle sollen dem gleichen Geschlecht angehört haben. Doch eine zuverlässige Quellenlage erschließt sich erst mit dem Moment, in dem Rügen, die Ranen und ihre Fürsten “aus dem Dunkel der Vergangenheit in das Licht der geschriebenen Geschichte treten”. Und dieser Moment ist der Zeitraum um die Eroberung Rügens durch die Dänen 1168, der erste “Berichterstatter” der berühmte Saxo Grammaticus mit seiner “Gesta Danorum”. Damit endet auch das Frühmittelalter auf Rügen und die Ranen treten in die hochmittelalterliche Phase ihrer Gesellschaft ein, die man etwa bis zum gewaltsamen Tod Jaromars II. annehmen kann. Seit dem Regierungsantritt Wizlaws II., vor allem aber dann unter seinem Sohn, dem Minnesänger und letzten Fürsten der Rujanen Wizlaw III., können wir vom Spätmittelalter reden.
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4. Generation: die Kinder Jaromars II.
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5. Generation: die Kinder Wizlaws II.
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Jaromar (um 1267-1293/94) 1289-1293/94 Bischof von Kammin
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Swantepolk (um 1273-nach 1285) 1286 Fürst der Pruzzen (?)
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Sambor (um 1268-1304) 1302-1304 Fürst
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Euphemia (um 1280-1312) 1299-1312 Königin von Norwegen
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Zur Schreibweise der Vornamen der Angehörigen des Wizlawidengeschlechts: Die slawischen Namen werden in der Literatur oft in mehreren Formen wiedergegeben, da sowohl die entsprechenden Urkunden die verschiedensten Schreibweisen beinhalten, als auch mancher Autor nicht so sehr mit dem slawischen Wortschatz vertraut ist. Ich halte mich bei der Schreibweise der Namen an die von Ursula Scheil gebrauchte Form, die meiner Meinung nach dem Slawischen sehr nahe kommt. Eine kleine Gegenüberstellung soll die mir bekannten Schreibweisen systematisieren: Barnuta: Barnut, Bernuta, Bernut Burislaw: Burislav, Burizlav, Borislaw, Borislav, Borizlav Euphemia: Eufemia, Euphemie, Eufemie Helena: Helene Jaromar: Jaromir, Jarimar, Jerimar, Jarmer, Germar Jaroslaw: Jaroslaf, Jaroslav, Jarozlaw, Jarozlav Margareta: Margarete, Margarethe Pybygnew: Pybygnev, Polygnaw, Polygnew Sambor: Sambur, Zambor, Zambur Sophia: Sofia, Sophie, Sofie Stoislaw: Stoislav Swantepolk, Zwentopolk: Swantopolk, Svantepolk, Svantopolk, Zvantopolk Tezlaw: Tezlaf, Tezlaff, Tezlav, Tetzlaw, Tetzlaf, Tetzlaff, Tetzlav, Teslaw, Teslav, Tetislaw, Tetislav Wizlaw: Wizlaf, Wizlaff, Wizlav, Witzlaw, Witzlaf, Witzlaff, Witzlav, Vizlav, Wislaw, Wieslaw, Vislav, Wislaus, Wizlaus
Außerdem noch eine kleine Anmerkung zur Aussprache: Gerade die Schreibweise des Namen Wizlaw verleitet schnell dazu, ihn als “Witzlaff” auszusprechen. (Deshalb sind wohl auch diese und ähnliche Schreibweisen entstanden.) Slawisten gehen aber davon aus, dass er “Wislaw” ausgesprochen wird, da er der slawischen Laut- und Wortbildung unterliegt. Und im Slawischen hat die Endung “-slaw” in Namen die Bedeutung von “Ruhm, ruhmvoller Mensch”. Es ist ebenfalls anzunehmen, dass das “l” ähnlich dem polnischen “ł” weich ausgesprochen wurde. Auf den Siegeln wird diese Wortbildung sichtbar, wenn dort z.B. die lateinische Form “WIIZSLAVI” erscheint. Und auch der Fürstenname Sambor unterstützt diese Meinung, da er alternativ auch in der Schreibweise “Zambor” auftritt. Da aber Wizlaw unter “Wizlaw” berühmt geworden ist, schreibt auch der Autor von www.wizlaw.de “Wizlaw” und sagt aber “Wislaw”...
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...zur Zählung der ganzen Wizlawe: War Wizlaw III. für seine Zeitgenossen gar der vierte Wizlaw? Vorab ist zu bedenken, dass es für die allermeisten Menschen nur einen Wizlaw gab, nämlich den, der gerade regierte. Vielleicht lebte in der Fürstenfamilie noch ein Sohn, der auch Wizlaw hieß, dann war das eben dann der “junge Wizlaw” oder der Prinz Wizlaw. Nur wer in der Kanzlei des Fürsten arbeitete und damit die Familiengeschichte kannte, wusste um die Vorfahren, die auch so hießen. Und ein Notar hat uns in einem Dokument, dem Testament Wizlaws II. aus dem Jahre 1302, eine Anmerkung zur Zählung hinterlassen. Er schrieb, gewissermaßen als Stichwort für die Zuordnung des Textes, den Namen wislaus 3 in die linke obere Ecke. Also muss er in dem Erblasser Wizlaw III. gesehen haben, obwohl wir ihn heute als Wizlaw II. zählen. Der Grund: Fürst Jaromar II. hatte einen Bruder mit Namen Wizlaw, der aber in der Geschichtswissenschaft nicht mehr mitgezählt wird, da er relativ jung verstarb und kein Mitregent des Fürsten wurde. (So wie wir auch den Sohn des Minnesängers nicht als Jaromar IV. benennen, der er - wäre ihm Glück beschieden gewesen - geworden wäre.) Damals jedoch sah man in diesem Wizlaw wohl den Zweiten seines Namens, und - ergo - in Wizlaw III. Wizlaw IV. So haben ihn übrigens auch die frühen Forscher zum Minnesang, Friedrich Heinrich von der Hagen und Ludwig Ettmüller, genannt. Doch da alle Wizlaw als Wizlaw III. kennen, bleibt er auch unser Wizlaw der Dritte.
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...und zum Schluss ein Tipp für “Bücherwürmer”: Auf der polnischen Website “Kujawsko-Pomorska Biblioteka Cyfrowa” könnt ihr die digitalisierten Bände 1 bis 6 des Pommerschen Urkundenbuchs (PUB) lesen. Sie enthalten die Urkunden, die den pommersch-rüganischen Raum für die Jahre 786 bis 1325 betreffen, und decken somit auch den gesamten Zeitraum der Existenz des Fürstentums Rügen ab. Aufgeführt sind die Abschriften der Originalurkunden und die deutschen Übersetzungen dazu. Zum Betrachten der Seiten des PUB müsst ihr euch zuvor das DjVu-Plugin herunterladen und installieren, das auch auf dieser Website angeboten wird.
Die Quellen, auf die ich mich bei meiner Arbeit vorrangig gestützt habe (chronologisch geordnet): 1. Hagen, Fr. H. v. d. “Minnesinger, Deutsche Liederdichter des 12., 13. und 14. Jahrhunderts I - IV”, Leipzig 1838 2. Fabricius, C. G. ”Urkunden zur Geschichte des Fürstentums Rügen unter den eingeborenen Fürsten”, Stettin 1851 3. Dannenberg, H. ”Pommerns Münzen im Mittelalter”, Berlin 1864 4. Pyl, Th. “Lieder und Sprüche des Fürsten Wizlaw von Rügen”, Greifswald 1872 5. Dannenberg, H. ”Münzgeschichte Pommerns im Mittelalter”, Berlin 1893 6. Pyl, Th. ”Die Entwicklung des pommerschen Wappens, im Zusammenhang mit den pommerschen Landesteilungen”, in Pommersche Geschichtsdenkmäler VII, Greifswald 1894 7. Behm, O. “Beiträge zum Urkundenwesen der einheimischen Fürsten von Rügen”, Greifswald 1913 8. Gülzow, E. ”Des Fürsten Wizlaw von Rügen Minnelieder und Sprüche”, Greifswald 1922 9. Haas, A. ”Arkona im Jahre 1168”, Stettin 1925 10. Hamann, C. ”Die Beziehungen Rügens zu Dänemark von 1168 bis zum Aussterben der einheimischen rügischen Dynastie 1325”, Greifswald 1933 11. Scheil, U. “Genealogie der Fürsten von Rügen (1164 - 1325)”, Greifswald 1945 12. Rudolph, W. ”Die Insel Rügen”, Rostock 1954 13. Ohle, W., Baier, G. ”Die Kunstdenkmale des Kreises Rügen”, Leipzig 1963 14. Steffen, W. ”Kulturgeschichte von Rügen bis 1817”, Köln, Graz 1963 15. Werg, S. ”Die Sprüche und Lieder Wizlavs von Rügen, Untersuchungen und kritische Ausgabe der Gedichte”, Hamburg 1969 16. Váňa, Z. ”Die Welt der alten Slawen”, Praha 1983 17. Gloede, G. ”Kirchen im Küstenwind - Band III”, Berlin 1984 18. Herrmann, J. (Hg.) ”Die Slawen in Deutschland - Ein Handbuch”, Berlin 1985 19. Spiewok, W. ”Wizlaw III. von Rügen, ein Dichter”, in: Almanach für Kunst und Kultur im Ostseebezirk, Nr. 8 (1985) 20. Spitschuh, B. ”Wizlaw von Rügen: eine Monografie”, Greifswald 1989 21. Lange, A. “Tausendjähriges Ralswiek”, Bergen 1990 22. Hages-Weißflog, E. “snel hel ghel scrygh ich dinen namen - Zu Wizlaws Umgang mit Minnesangtraditionen des 13. Jahrhunderts”, in: ”Lied im deutschen Mittelalter. Überlieferung, Typen, Gebrauch”, Tübingen 1996 23. Bleck, R. ”Untersuchungen zur sogenannten Spruchdichtung und zur Sprache des Fürsten Wizlaw III. von Rügen” GAG Folge 681, Göppingen 2000 24. Schmidt, I. ”Götter, Mythen und Bräuche von der Insel Rügen”, Rostock 2002 25. Jahn, L. ”Wizlaw III. von Rügen - Fürst und Minnesänger” und ”Wizlaws Liederbuch”, Hofgeismar 2003 26. Sobietzky, G. “Das Fürstentum Rügen und sein Geldwesen”, Stralsund 2005 27. Kratzke, Ch., Reimann, H., Ruchhöft, F. “Garz und Rugendahl auf Rügen im Mittelalter”, in: Baltische Studien, Neue Folge Band 90 (2004), Kiel 2005 28. Ruchhöft, F. “Die Burg am Kap Arkona” (Reihe: Archäologie in Mecklenburg-Vorpommern, Band 7), Schwerin 2010 29. Reimann, H., Ruchhöft, F., Willich, C. “Rügen im Mittelalter” (Reihe: Forschungen zur Geschichte und Kultur des östlichen Mitteleuropa, Band 36), Stuttgart 2011 30. Ev. Kirchengemeinde St. Marien Bergen auf Rügen (Hg.) “Das bestickte Leinentuch aus dem Zisterzienserinnenkloster Bergen auf Rügen”, Bergen auf Rügen 2013 31. Möller, G. “Eine interessante ‘Schatzkiste’ aus dem Jahr 1318 in Stralsund - Ein Beitrag zur spätmittelalterlichen Sachkultur des norddeutschen Adels”, in: Baltische Studien, Neue Folge Band 102 (2016), Kiel 2017 32. Brunner, H., Klein, D. ”Wizlav - Sangsprüche und Minnelieder” IMAGINES MEDII AEVI Interdisziplinäre Beiträge zur Mittelalterforschung Band 52, Wiesbaden 2021
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