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Meine Leseempfehlungen: Historische Romane aus Rügens Mittelalter
Gabriele Breuer “Die Bernsteinbraut” Ich finde es immer wieder schade, dass der interessante Geschichtsabschnitt der Slawenzeit Rügens äußerst selten in der Belletristik im Zentrum steht. Umso mehr freue ich mich, dass 2015 der erste historische Roman erschien, in dem auch der Fürst und Minnesänger Wizlaw III. eine Rolle spielt - zwar keine Hauptrolle aber doch eine wichtige. Es ist eine anrührende und zugleich ungeheuer bedrohte Liebesgeschichte die Gabriele Breuer in “Die Bernsteinbraut” erzählt. In einem lebendigen Gemälde der Zeit um 1310 eingebettet, freut sich, bangt und leidet der Leser mit den beiden Hauptpersonen, der Stralsunder Kaufmannstochter Antonia und Jaramir, dem Bernsteintaucher, den sie auf der Insel Rügen kennen und lieben lernt. Denn es ist ein widriges Schicksal, das beiden bereitet wird. Nach dem Tode des Vaters wird Antonia vom eigenen Bruder und gegen ihren erklärten Willen an den erstbesten hoch gestellten Mann vergeben, nur damit sie dem Bruder nicht mehr zur Last fällt und er seinen Weg ins Ordensland schnell fortsetzen kann. Ganz egal, dass sie einen Anderen liebt. So muss Antonia nun einem Grafen auf dessen Burg ins Rheinland folgen. Mit diesem zwangsverheiratet erlebt sie die Hölle auf Erden. Was sie aber nicht ahnt: Ihr geliebter Jaramir ist ebenfalls in den Fängen des Grafen und muss mit anderen unter unsäglichen Bedingungen als Sklave in einem Steinbruch schuften. Als sie die Gefangenen entdeckt, beginnt ein dramatischer Wettlauf gegen die Zeit... Ganz nebenbei atmet der Roman das Kolorit von Ort und Zeit. So werden Fürstentum und Insel mit Rujana bezeichnet, Menschen slawischer Herkunft wie Jaramir spielen eine Rolle, und auch deren alte Sprache und Gebräuche. Und Wizlaw? Der eigentlich lebensfrohe Minnesänger begegnet uns hier überhaupt nicht glücklich, sondern als ein arg gebeutelter Mann. Aber trotz allem weiß er stets, was seine Pflicht als ein gerechter Fürst ist. Ein wunderbares Buch über eine starke Frau und die Kraft der Liebe! (Die Taschenbuchausgabe könnt ihr zur Zeit nur antiquarisch erwerben, z.B. über Booklooker (evtl. im Link ü durch ü ersetzen) oder Buchfreund.)
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Nachdem die vier Teile der Leon-Serie von Eva Maaser in den Jahren 2008 und 2009 bei einem anderen Verlag als Hardcover-Bücher erschienen waren, veröffentlicht seit 2013 dotbooks diese als E-Books. Im Mittelpunkt der Abenteuer, die in den vier Jahreszeiten des Jahres 1334 - also neun Jahre nach dem Ende des Fürstentums Rügen - in Stralsund und teilweise im nahen und ferneren Umland spielen, steht der 13-jährige Leon. Er wurde einst als Waisenkind an das Dominikanerkloster St. Katharinen gegeben, das inzwischen zu seinem Zuhause geworden ist. Die Mönche Gernod und Willibrod kümmern sich um ihn und seine Erziehung. Leons Herkunft und die seines Großvaters Jaromir umschwirrt ein Geheimnis. Warum verleugnet dieser seinen Enkel? Was ist der Grund, dass der Wirt einer gut gehenden Kneipe so heruntergekommen ist? Und dann ist noch Leons Freundschaft zu Anna, der auf den Tag gleichaltrigen Tochter des Stadtvogts Witzlaf, mit der er die Rätsel in den vier Geschichten löst. Im ersten Band “Leon und der falsche Abt” gerät Leon in die Mühlen des neuen Klostervorstehers und dessen Vertrauten und wird schließlich des Diebstahls bezichtigt. Anna und Leon gehen dem Geheimnis des Abtes auf die Spur. Der zweite Band “Leon und die Geisel” führt sie auf die Suche nach Heyno, Annas plötzlich verschwundenem kleinen Bruder. Dabei werden beide Opfer eines Piratenüberfalls. Warum läuft der Schmied Ghotan plötzlich Amok durch Stralsund? Und was hat das mit einer kunstvollen Damaszenerarbeit zu tun? Das lest ihr in Band 3 “Leon und die Teufelsschmiede”. Im letzten Band “Leon und der Schatz der Ranen” kommt es schließlich zur Lösung des Rätsels um Leons und Jaromirs Familie und zu einer Versöhnung zwischen beiden. Und es kulminieren die sich schon in den Geschichten zuvor entwickelnden Konflikte zum “Showdown” der Protagonisten auf der Insel Rügen. Schön finde ich die sehr genaue Beschreibung der Zeit und die sich seit 1325 verändernden Verhältnisse in Stralsund und auf dem Land. Sicher gab es zu der Zeit weniger Steinbauten, als in den Romanen beschrieben, aber es werden reale Bezüge gebracht: Die Anna Selbdritt wird erwähnt, der Vogteisitz befindet sich unweit der fürstlichen Curia in der Neustadt, und Jaromirs Taverne ist durchaus eine Anspielung auf die genau aus dieser Zeit stammende Hafenkneipe am Fährtor. Die Ruinen der Burgen von Garz (natürlich noch mit Bezug auf Charenza), Rugard und Arkona werden lebendig beschrieben. Alles in allem: Spannende Mittelalter-Krimis und zugleich sehr schöne Geschichten.
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1988 veröffentlichte der damalige Ostberliner Verlag Neues Leben in seiner Reihe “Spannend erzählt” mit Dirck van Beldens Abenteuerroman “Strandrecht” eine Geschichte, die im Fürstentum Rügen zur Zeit Wizlaws II. spielt. Es ist meines Wissens das erste belletristische Werk neuerer Zeit, das sich diesem Geschichtsabschnitt widmet. Die Handlung des Romans beginnt im Heiligen Land, in den kläglichen Resten des Königreichs Jerusalem. 1265 belagern die Mameluken die Küstenstadt Arsuf. Der verwundete Kreuzfahrer Philipp aus Crampitz auf Rügen findet im Haus des Kaufmanns Asis Aufnahme und wird diesem zum Freund. Als Philipp stirbt, gibt er Asis sein Bernsteinkreuz, das er am Hals trug, mit der Bitte, es seinen Eltern zu bringen. Asis möchte das sagenhafte Bernsteinland kennenlernen und begibt sich auf eine gefahrvolle Schiffsreise zu unbekannten Küsten, um dort Handel zu treiben. Kurz vor seinem Ziel im Fürstentum Rügen wird Asis’ Sambuke Opfer eines Piratenüberfalls und manövrierunfähig. Dadurch verfällt das beschädigte Schiff dem Strandrecht, das an dieser Stelle, einer Heringsvitte, vom Rat der Stadt Schadegard ausgeübt wird. Asis muss sich als Knecht in dieser Stadt am Strelasund verdingen und so manche Demütigung über sich ergehen lassen. All das bricht den stolzen Kaufmann nicht, und er setzt alles daran, um zu seinem Recht - und zu seiner Sambuke - zu kommen. So macht er sich im Schneewinter auf den gefahrvollen Weg nach Garz zu Fürst Wizlaw II., vergeblich. Nun sucht er andere Wege zu seinem Ziel und findet sie in der Konkurrenzstadt Schadegards, in Stralsund. Von da an nimmt das Verhängnis seinen Lauf ... Dirck van Belden geht in seinem Roman der damals primär vermuteten Ursache des Untergangs von Schadegard nach. Heute neigen die Historiker dazu, dass es sich eher um eine friedliche Integration dieser Ansiedlung in die Stadt Stralsund gehandelt haben muss, die mit hoher Wahrscheinlichkeit mit der Neustadt oder Teilen der Neustadt identifiziert wird. Der damals etwa 25-jährige Fürst erscheint im Roman als ein schwacher Herrscher, als ein Jüngelchen, das Spielball der Stralsunder Herren ist und sich auch korrumpieren lässt.
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Der Stralsunder STRANDLÄUFER Verlag brachte 2024 einen neuen spannenden Roman des Autorenpaares Katrin und Peter Hoffmann heraus. “Das Geheimnis der grauen Mönche” dreht sich ganz um ein historisches Ensemble der Stralsunder Altstadtinsel, den Kampischen Hof. Das war die städtische Niederlassung des mit großem Landbesitz ausgestatteten, in der Mitte des festländischen Teils des Fürstentums Rügen gelegenen Zisterzienserklosters Neuenkamp. Dieser Stralsund-Roman ist in zwei Zeitebenen geschrieben: Zwischen der eigentlichen Handlung in der Gegenwart gibt es mehrere Kapitel, die im Mittelalter und der frühen Neuzeit spielen - von der Eroberung der Tempelburg Arkona 1168 bis 1542, als der letzte Abt des inzwischen aufgelösten Klosters verstorben war. Eingeleitet werden diese kursiv hervorgehobenen Einschübe mit sehr schönen Zeichnungen Stralsunder historischer Details. Der Kampische Hof hat etwas Geheimnisvolles an sich, angeblich soll es dort spuken. Immer wieder wurde versucht, ihn “zum Leben zu erwecken”. Aber offenbar scheiterte bisher jeder Anlauf dazu. Als das Gebäudeensemble wieder einmal verschlossen daliegt, startet eine Initiative rühriger Musiker, die eine Musikschule für Nachwuchstalente der Ostsee-Anrainerstaaten genau dort einrichten möchten. Dieses Vorhaben stößt jedoch auf erheblichen Widerstand in der Stadtverwaltung, der Oberbürgermeister und sein Umfeld mauern, sitzen aus, starten gar ein Pseudo-Gegenprojekt, nur um “Mare Balticum” zu verhindern. Die Leiterin der städtischen Musikschule und ihr Frauen-Stammtisch wollen sich aber nicht damit abfinden. Und sie haben Unterstützung in der Inhaberin des kleinen Buchladens im Museumshaus in der Mönchstraße und ihrem Partner, einem nach Stralsund gezogenen Architekten - unverkennbar eine Hommage der Autoren an sich selbst. Nachdem dem Architekten nach einigem Hin und Her endlich eine Ortsbegehung im Kampischen Hof gelungen ist, kommt es zu unerwarteten Ereignissen, die sich bedrohlich zuspitzen ... Ich kann empfehlen, nach dem ersten Lesen nochmal die historischen Einschübe und danach die Gegenwartshandlung als Ganzes zu lesen. Das bringt Aha-Effekte, die vorher verborgen blieben.
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Schön finde ich in diesem Roman auch die Szenen, die über die eigentliche Geschichte hinausgehen, seien es die humorvolle Darstellung des “Ex-und-Hopp-Stammtisches”, die parteipolitischen Intrigen im Stralsunder Rathaus (mit deutlicher Kritik an der Regierungspartei) oder die familiären Geschichten von Sabine Prehn und Harald Krohn. Erste Klasse sind auch die Milieustudien zu den Besuchern der Buchhandlung von Sabine Prehn. Für die freundliche Genehmigung zur Veröffentlichung der Titelabbildung möchte ich mich bei Herrn Hoffmann vom STRANDLÄUFER Verlag bedanken.
Ricarda Jordan “Die Geisel des Löwen” Rujana 1163...1168...und danach...Arkona...Karentia...Amra...Magnus...Fürst Jaromar (hier folgt bald noch mehr)
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Die Rügen-Saga von Gabi und Heiko Wieczorek
Die Frauen aus der Familie von Hannah Wiehle besitzen eine außergewöhnliche Eigenschaft, die aber auch ein Fluch sein kann: Sie können durch Zeittore zwischen der Gegenwart und der Vergangenheit Rügens hin und her reisen. In vier Büchern werden zum Teil hochdramatische Begebenheiten mit gefährlichen Gegnern, wie dem “Alten Putbusser”, erzählt. Diese Bände erschienen in den Jahren 2018 bis 2021 im Eigenverlag kraut&mehr. Band 1 - “Reise in die Vergangenheit” handelt von einem Mordkomplott im Jahr 1607, in das Hannah reisen muss, um ihre Tochter und ihre Enkelin zu retten. Band 2 - “Das Grimoire” setzt die gefahrvolle Handlung fort, denn der Herr zu Putbus gibt nicht auf: Er möchte mit aller Gewalt in den Besitz eines Zauberbuchs der Ranen gelangen, das ihm unbegrenzte Macht verleihen soll. Band 3 - “Das Geheimnis des Grimoires”. 20 Jahre später herrscht Krieg, auch auf Rügen. Hannah kann einen Teil des Buches entschlüsseln, und ein junger Offizier in schwedischem Geheimauftrag muss zwischen den Zeiten wandeln. Band 4 - “Swante Wostroe - Die heilige Insel” führt uns weit zurück, in das Jahr 987. Ralswiek, der große Seehandelsplatz der Ranen, ist Ziel von Hannah und einem Archäologieprofessor. Als beide nicht wiederkommen, müssen Hannahs Kinder mit den Studenten eine Rettungsaktion ins Ungewisse starten.
Ein Comic mit Geschichte(n): Das MOSAIK
Die monatliche Comic-Zeitschrift MOSAIK enthält spannende Abenteuergeschichten ihrer drei sympathischen Helden Abrax, Brabax und Califax - den Abrafaxen -, die in den unterschiedlichsten Ländern und zu verschiedenen Zeiten spielen, so auch schon mehrfach im Mittelalter. Ich finde, das Schöne an den Comics aus dem Hause MOSAIK ist, dass es in den Geschichten nie gewalttätig zugeht. Die Bösewichte werden dafür durch List und Humor besiegt oder durch Einsicht und Gerechtigkeit geläutert (oder beides). Zugleich vermitteln die Serien auf unterhaltsame Weise Geschichtswissen und Kenntnisse über andere Länder. Die Zeitschrift erscheint im ”MOSAIK - Steinchen für Steinchen Verlag”: www.abrafaxe.com Umfangreiche Informationen über die MOSAIK-Serien findet ihr in der MOSAPEDIA, einem Lexikon nach dem Prinzip der WIKIPEDIA: www.mosapedia.de Persönlich würde ich mich natürlich sehr über ein Abenteuer der Abrafaxe freuen, das während der Slawenzeit Rügens spielt, vielleicht um das für die Geschichte Rügens denkwürdige Jahr 1168 herum - mit Darstellungen der vielgesichtigen Götterfiguren und ihrer Tempel, bei denen die Zeichner*innen so richtig ihre Fantasie spielen lassen könnten -, oder aber auch zu Zeiten des Fürsten und Minnesängers Wizlaw.
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